"Ich lese nur von mauern, wällen und
verteidigungen. Städten, befestigt und nichts
befestigt in mir, alles lose baumelnd.
Kein wunder, dass ständig fluten wogen, alles
niederreißen. Gegen das, was uns bevorsteht,
helfen keine dämme, keine mauern oder wälle.
Die vagen verteidigungslinien sind zu
verwischen, wo wir sie finden.“
Maë Schwinghammers Lyrikdebüt Covids Metamorphosen widmet sich den Transformationen, die
aktuell in Zeiten einer globalen Pandemie stattfinden – Momente des Rückzugs, der Einsamkeit, neuesoziale Abläufe und Choreographien, die durch die Maßnahmen zur Eindämmung erforderlich wurden.
Ovids Epos dient dabei als programmatischer Ansatz: Durch das Festschreiben aktueller Entwicklungen werden seine Metamorphosen neu verhandelt, dabei aber Potenziale und Räume aufgezeigt, in denen Verwandlungen, Änderungen, gesellschaftliche Transformationen denkbar sind.
Themenkomplexe wie Familie, Vaterbeziehung, toxische Männlichkeit, aber auch Konsumkritik und Klimawandel fließen unterschwellig ein. Auf der individuellen Ebene des lyrischen Ichs geht es um
die Erfahrung, mitten in einer globalen Pandemie die eigene Geschlechtsidentität zu hinterfragen,
eine Namensänderung zu erwirken und sich aus einer binär-geordneten Welt hinaus in eine nichtbinäre Auffassung derselben zu wandeln.
Maë Schwinghammer, geboren 1993 und aufgewachsen in Wien-Simmering, als Erster in der Familie Matura und Studium, sozialer Aufstieg lässt aber noch auf sich warten. Die Texte drehen sich um sich selbst und um die Themen Identität, Gender und Gesellschaft. Studiert Sprachkunst als Legitimationsstrategie für missglückte Wortspiele. Schreibt neben Lyrik auch Hörspiele. 2021 Dramatikstipendium der Stadt Wien. 2022 Burgschreiberin der Burg Beeskow.